Django, IT 1966

mit Franco Nero, José CanalejasLoredana Nusciak
Regie: Sergio Corbucci

„Ich bin Django und wenn du bei mir bleibst, wird dir kein Mensch etwas tun.“ Was für ein Versprechen! Untersichtig und in Großaufnahme gefilmt, wirkt Django, titelgebende Hauptfigur des Films, übermächtig und auch ein bisschen irreal – eine Erscheinung auf die wir alle warten, Worte, die wir alle hören wollen.

Eigentlich sind Westernfilme nichts für mich – ich kann mich eher für fette Melodramen erwärmen – doch vielleicht ist dieser berühmte Italo-Western des Regisseurs Sergio Corbucci aus dem Jahr 1966 mit der brutalen Eröffnungsszene ja ein versteckter Liebesfilm? Hauptdarsteller Franco Nero gibt auf jeden Fall einen schönen Prinzen ab, wenn auch ohne Pferd. Das erscheint mir ziemlich ungewöhnlich für einen Cowboy, noch dazu zieht er einen klobigen Sarg hinter sich her – mein Interesse ist geweckt. Zu seinen Füßen liegt hingeworfen und anmutig zugleich die betörend schöne Halbmexikanerin Maria, gespielt von Loredana Nusciak. Die zerrissenen Kleider geben den Blick frei auf nackte Schenkel in schwarzen Strapsstrümpfen. Noch scheint sie eher verängstigt, denn überzeugt. Doch Django verspricht wenigstens, gut zu ihr zu sein. Er hat ihr das Leben gerettet, als sie auf dem Scheiterhaufen von amerikanischen Militärs rund um Major Jackson verbrannt werden sollte. Dass er, ohne einzuschreiten, dabei zugesehen hat, wie sie von den mexikanischen Rebellen ausgepeitscht wurde – geschenkt. Maria weiß das nicht und es würde auch nichts ändern. Wie auch alle später im Film auftauchenden Frauen, hat sie keine große Wahl. Nicht zuletzt, da der Film auf Männerseite als Gegenentwurf zu Django nur überhebliche Halunken und gewissenlose Schurken bietet.

Rau sind die Sitten und auch die Landschaft. Eine Hängebrücke führt über eine trostlose Sumpflandschaft in ein besseres Nirgendwo – doch noch ist unser Held nicht bereit, sie zu überqueren. Django hat noch eine Rechnung offen mit Major Jackson, der für den Tod seiner Frau verantwortlich ist. Und so führt ihn sein Weg in die Stadt, in der sie begraben liegt. Gerade auf den Plätzen vor den Saloons verlieren im Western viele Menschen ihr Leben. Hier werden Duelle ausgetragen und Verräter gehängt. In diesem Film ist auch hier wie überall der Boden völlig verschlammt. Optisch wird dadurch die dünne Grenze zwischen Leben und Tod buchstäblich aufgeweicht. Vor dem inneren Auge sieht man bereits die vielen Opfer, die die Handlung fordern wird, im glitschigen Nass versinken – das Bild sagt: Hier ist man schnell unter der Erde.

Lebensfeindlich wirkt diese Wild-West-Stadt, alles grau in grau. Als einziger Farbtupfer stechen die leuchtend blauen Augen des Hauptdarstellers hervor – und die bunten Kleider der Bardamen des Saloons. Hier zeigt unser wortkarger Held (in der deutschen Synchronfassung ist er übrigens durch die damals gebräuchlichen Hinzudichtungen um einiges gesprächiger), dass er es locker mit vierzig Mann aufnehmen kann und Maria kommt in den Genuss seiner Liebhaberqualitäten. Von letzterem allerdings wird das Publikum per Abblende ausgeschlossen. Weiter geht es mit viel List und Tücke, denn Django verfolgt einen Plan: Er will einen Goldschatz in seinen Besitz bringen, was ihm auch nach etlichen Schusswechseln gelingt. Mit Maria, die ihm ihre Liebe gesteht, flüchtet er in Richtung besagter Brücke. Durch eine Unachtsamkeit versinkt hier das schöne Gold im Morast, Maria wird von den mexikanischen Verfolgern scheinbar tödlich angeschossen und Djangos Pistolerohände werden von seinen Feinden zertrümmert. Für Django scheint alles verloren. Auf ihrem Rückzug werden die Mexikaner dann von den Amerikanern ausgelöscht. Innerhalb der Filmdramaturgie werden allmählich die „Säcke zugemacht“.

Im Saloon indes öffnen sich die Türen und herein tritt Django. In seinen Armen trägt er die verwundete Maria über die Schwelle. Wie er sie mit seinen verstümmelten Händen aufheben und den weiten Weg tragen konnte, zeigt der Film nicht. Dass er es konnte – wahrscheinlich sogar völlig mühelos – glaube ich hier in Minute 80 sofort. Denn der Film hat uns gelehrt: Django leidet nicht körperlich, er kennt nur inneren Schmerz. Maria auf einem Kanapee zurücklassend, zieht es ihn nun zum Friedhof. Der herbestellte Major Jackson ist jetzt fällig. Bezeichnenderweise ist der Boden des Friedhofs als einziger nicht schlammig, sondern fest und steinig. Als weigerte er sich, weitere Leichen aufzunehmen. Obwohl seiner Hände beraubt und unter dem Kugelhagel aus einem halben Dutzend Schießeisen, erledigt Django den Major und seine Gefolgschaft überraschend zielsicher. Django – verwundbar und dennoch unbesiegbar. Er überwindet Hindernisse und bringt zu Ende, was er anfängt. Nur eines traut er sich nicht: sich wieder zu verlieben. Ein weiterer Western also, in dem nicht geliebt, aber immerhin aus Liebe gerächt und gemordet wird. Im Schlussbild spiegelt sich der Anfang des Filmes. Unser Blick folgt Django, wie er sich mühsam vorwärts bewegt. Auch der herzzerreißend melancholische Titelsong wiederholt sich nun, nur ist er jetzt sinnfällig geworden. „Django, have you always been alone? Django, have you never loved again?“

Sein Versprechen – Maria nie etwas zustoßen zu lassen – konnte Django nicht halten. Es ist eben ein Western. Vermutlich zieht er jetzt alleine weiter. Glaube ich. Ein Happy End an dieser Stelle scheint selbst dem größten Romantikfan unwahrscheinlich.

 

Bildquelle: hollywood.com